Freitag, 24. August 2012

Milchmädchen statt Politiker!

Wenn die Milchmädchen wüßten, wie schlecht Politiker und Bauplaner rechnen können, dann würden sie verständnislos den Kopf schütteln.

Kostenkalkulationen von Bauprojekten scheinen offenbar eine verflixte Geschichte zu sein...und, weil das so eine schwierige Sache ist, ein öffentliches Bauprojekt zu berechnen, verfünffachten sich wohl damals auch die Kosten für das Bergisel-Panorama von ca. 5 auf ca. 25 Millionen Euro.

Das wäre in der Privatwirtschaft undenkbar, daß sich die in einem Kostenvoranschlag berechneten Kosten für ein Bauobjekt bis zum Bauende verfünffachen - kein Kreditinstitut und kein Häuslbauer würden da mehr mitspielen. Bei öffentlichen Bauprojekten scheinen Fehlkalkulationen allerdings üblich zu sein und das wirft die Frage auf: Sind öffentlich finanzierte Bauprojekte ein Selbstbedienungsladen, wo jeder nach Belieben Extrakosten draufschlagen darf? Oder sind die Verantwortlichen einfach nur so schlecht im Rechnen?

Laut Clemens Schirmers Bericht von Oktober 2007 betrugen die Baukosten für die neue Innsbrucker Hungerburgbahn 50,6 Millionen Euro.

Gesamtkosten für Hungerburgbahn und Nordkettenbahnen:
ca. 50,6 Mio. Euro
– davon aus öffentlichen Mitteln:
ca. 37,1 Mio. Euro
Beitrag der Nordpark GmbH:
ca. 13,5 Mio. Euro

Ein Artikel der Tiroler Tageszeitung vom 21.06.2012 dokumentiert nun neue Kostenabrechnungen, die durch den Rechnungshof geprüft wurden:
In der Kostenschätzung aus dem Jahr 2001 werden erstmals Gesamtinvestitionskosten von 21 bis 25,1 Millionen Euro genannt. 2003 beschloss dann der Innsbrucker Gemeinderat einen gedeckelten Investitionszuschuss von 41 Millionen Euro für die neue Hungerburgbahn, letztlich werden sich die Gesamtkosten nach einer Hochrechnung des Rechnungshofes bei rund 56,2 Millionen Euro einpendeln. Damit erhöht sich auch der Kostenanteil der Stadt Innsbruck von anfangs budgetierten 19,5 Mio. Euro auf 37 Millionen Euro im Jahr 2038. Der Tourismusverband Innsbruck und seine Feriendörfer hat den Neubau mit 7,5 Millionen Euro unterstützt, das Land Tirol mit drei Millionen Euro.
Der aktuelle Rechnungshofbericht sagt:

Die Innsbrucker Nordkettenbahnen GmbH (INKB) vergab die Planung, den Bau und den Betrieb der „Hungerburgbahn und Nordkettenbahnen – Neu“ in Form eines PPP–Konzessionsmodells auf Basis von Grobkostenschätzungen und ohne technische sowie kaufmännische Vorausplanung.
Seitens der Landeshauptstadt Innsbruck begehrte bauliche und betriebliche Mehrleistungen lassen bis zum Ende des PPP–Projekts (2038) Mehrkosten von rd. 15,20 Mill. EUR gegenüber dem ursprünglichen gedeckelten Investitionszuschuss (41 Mill. EUR) erwarten. Der Kostenanteil der Landeshauptstadt Innsbruck an den Gesamtkosten von 56,20 Mill. EUR wird sich von den zu Projektbeginn budgetierten 19,50 Mill. EUR bis 2038 auf rd. 37 Mill. EUR erhöhen.
Ich finde es bedenklich und merkwürdig, wie hier mit Euromillionenbeiträgen herumjongliert wird. Ein paar Millionen rauf oder runter, das scheint nebensächlich zu sein...
Eigenartig finde ich auch die Rechtfertigung der Innsbrucker Bürgermeisterin gegenüber der Kronenzeitung und der Tiroler Tageszeitung:
„Keine Kostensteigerungen“ sieht die Innsbrucker Bürgermeisterin Christine Oppitz-Plörer (Für Innsbruck) trotz der Kritik des Rechnungshofes. „Es ist zu keinen Mehrkosten gekommen. Es handelt sich um Mehrleistungen, die vom Gemeinderat bestellt worden sind. Sie sind bei der Beschlussfassung am Tisch gelegen und gerechtfertigt“, sagte Oppitz-Plörer am Donnerstag.
Wie auch immer - eine Rechnung, die sich mir ganz einfach erschließt, wenn ich in mein Geldbörserl schaue, impliziert, daß ich mir den Luxus einer Hungerburgbahnfahrt nicht wirklich leisten mag:


Fahrt mit der Hungerburgbahn Innsbruck Zentrum - Hungerburg hin und retour, 1 Erwachsener: 6,80 Euro
Fahrt mit dem Linienbus Innsbruck Zentrum - Hungerburg hin und retour, 1 Erwachsener: 3,60 Euro

Das Fahren mit der neuen Hungerburgbahn ist und bleibt also eine reine Touristenattraktion - für Einheimische ist es absolut unökonomisch sie zu benützen. Eigentlich traurig, daß wir alle diese Bahn mit unseren Steuern finanziert haben, wir aber dumm wären, wenn wir sie selbst benützen.

Autorin: Irene L.
Bildquelle: wikipedia

4 Kommentare:

  1. In meiner deutschen Verwandtschaft habe ich jemanden, der für öffentliche Bauten die Installationen machte. Wenn seine Firma fertig war, gab es den Tag der Abnahme. Das lief dann wie folgt ab:
    (1) Gegen 11 Uhr trudelten die Vertreter der beteiligten Behörden ein. Sie hatten ja einen längeren Dienstweg als sonst ;-)
    (2) Dann wurden im Schweinsgalopp die Installationen abgegangen ...
    (3) Nach einer halben Stunde ließ der Unternehmer andeuten, dass ein "kleines" Buffet angerichtet sei - also schwenkte die gesamte Meute in Richtung Buffet
    (4) Er hatte auch für fesche Models in feschen Dirndls gesorgt, die ihre Gäste sehr charmant bedienten ...
    (5) So ein Essen dauerte etwas länger - schließlich mussten alle Spezialitäten probiert werden.
    (6) Und es wurde fleißig nachgeschenkt!
    (7) Nach zwei oder drei Stunden wurden die Unterschriften für die Abnahme geleistet
    (8) Dann wurde für Taxis gesorgt, um die Behördenvertreter sicher und unbeschadet zu Hause abzuliefern.
    Und wenn es später von den Mietern zu Reklamationen kommen sollte, es gab ja die Unterschriften auf den Abnahmeprotokollen ;-)
    Die Kosten für diese Versorgung der Behörden wurde in der Kostenkalkulation natürlich berücksichtigt!
    Ich denke mal, auch in Österreich läuft es ähnlich :-(

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  2. Ja, ich denke, das ist in Ö haargenau so. Dein Kommentar trifft´s ziemlich genau. Die Tiroler Tageszeitung notiert ja heute auch: "Der Leiter des städtischen Kontrollamtes, Hans Fankhauser, meinte, dass die Stadt die Nordkettenbahnen bisher noch nicht geprüft habe. Man habe gewusst, dass sich der Rechnungshof der Sache annehmen werde. „Wir haben das vom Prüfungsplan genommen, weil wir nicht doppelt prüfen wollten. Das ist so üblich“, sagte Fankhauser."

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    1. Klar, was für eine passende Ausrede ;-) der Rechnungshof ist schuld!

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  3. Wenn ein Privater feststellt, dass ihm das Auto aus der Premiumklasse zu teuer ist, dann kauft er sich eines aus der Kompaktklasse um die Hälfte.
    Wenn Politiker feststellen, dass das Áuto aus der Premiumklasse zu teuer ist, dann kaufen sie erst mal die Karrosserie um die Hälfte des Komplettpreises und feiern sich wie günstig das war. Vor Ausliefertermin stellen sie fest, dass eine Karosserie ohne alles keinen Sinn macht, dann bestellen sie den Rest und feiern sich wie vernünftig diese Entscheidung doch war. Und der dumme Bürger fragt sich, woher die Schulden kommen, wo doch nur sparsam und vernünftig entschieden wurde,

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