Samstag, 13. September 2014

Glitzerfolie wegmachen.


Neulich unterhielt ich mich mit einem Piratenkollegen darüber, wie wir denn unsere Kritik an der 2015 in Tirol stattfindenden Bilderbergtagung anpacken könnten. Er meinte dann: "Was machen wir, wenn die Leute dann mit den ganzen Verschwörungstheorien anrücken?" ...dann würde uns doch niemand mehr ernst nehmen.

Als Piraten können wir nicht abstreiten, dass wir gelegentlich mit Menschen in unserem Umfeld konfrontiert sind, die mitunter sehr originellen, teils verschwörungstheoretischen Denkmodellen anhängen.
Grundsätzlich finde ich das sogar ganz gut so, solange dadurch niemand Schaden trägt, denn das trägt Kreativität zur Türe der Piraten herein.
Allerdings verstehe ich auch, dass viele Piraten damit ihre Schwierigkeiten haben, wenn ihre Mitstreiter obskure Staatsnegierung betreiben oder über Chemtrails wettern. Hier entfernen sich die Inhalte nämlich von wissenschaftlichen Erkenntnissen und rücken in die Welt der Glaubensvorstellungen.
In einer Partei, die den Laizismus hochhält, da ist es demnach für die meisten nicht tolerierbar, dass Glaubensvorstellungen mit Politik vermengt werden. In der Folge gibt es unter Piraten nicht selten große Debatten über diese Themen und Ausschlussforderungen gegenüber den vermeintlichen Verschwörungstheoretikern.

Ich persönlich finde, wir sollten gegenüber Glaubensvorstellungen oder gar Verschwörungstheorien etwas weniger panisch agieren, sondern gelassen und analytisch reagieren. Nur dadurch lassen sich falsche Ideen entzaubern und berechtigte Kritikpunkte herausfiltern.

Wenn Menschen noch vor drei Jahren darüber gesprochen haben, dass wir alle staatlich überwacht werden, dann hat man diesen Personen zumeist einen Aufenthalt in der psychatrischen Klinik angeraten. Nachdem jedoch wikileaks und vor allem Edward Snowden das gesamte Ausmaß der Überwachung durch staatliche Geheimdienste dargelegt haben, da war es plötzlich klar, daß wir tatsächlich alle überwacht werden.
Bevor wir also alle Anhänger von Verschwörungstheorien verteufeln und verjagen, sollten wir uns lieber die Zeit nehmen und prüfen, ob wir nicht einfach nur die Glitzerfolie entfernen müssen um draufzukommen, ob nicht hinter der einen oder anderen Theorie doch ein Körnchen berechtigter Sorge steckt oder nicht.
Wenn nämlich nun tatsächlich unter dem Aluhut ein Funken berechtigter Systemkritik steckt, dann ist es ja vielleicht an uns Piraten dies zu dolmetschen, damit auch die breite Öffentlichkeit davon Kenntnis erlangt.

Nehmen wir das Beispiel Bilderberg-Tagung her:
Wenn man etwa Videoplattformen oder Suchmaschinen zum Thema Bilderberg konsultiert, so erhält man den Eindruck, dass diese Thematik völlig von Verschwörungstheorien einer New World Order überfrachtet ist. Für den Ottonormalbürger bietet sich hier ein dramatisches Bild und er wird daher davon Abstand nehmen Kritik an Bilderberg zu nehmen. Dabei wäre die Kritik ja durchaus berechtigt, denn der österreichische Steuerzahler wird im kommenden Jahr für die Sicherheitsmaßnahmen der Privatveranstaltung Bilderberg-Konferenz aufkommen ohne, dass er dafür im Gegenzug Kenntnis erlangt, was die Ergebnisse der brisanten weltpolitischen und -wirtschaftlichen Diskussionen anbelangt. Die mangelnde Transparenz über die Inhalte und Kosten dieser Tagung ist durchaus ein berechtigter Kritikpunkt - dagegen sollte sich aus piratscher Sicht eigentlich der Protest aus der Bevölkerung richten.

Leider werden viele Menschen Angst haben, dass sie selbst unter den Verdacht geraten ein Verschwörungstheoretiker zu sein, wenn sie sich dem Protest anschließen würden. Das ist traurig und man könnte im Gegenzug ja die Frage in den Raum werfen: Nützen all die Verschwörungstheorien nicht letzten Endes dem System gegen das die Kritiker ankämpfen möchten?
Insofern: weg mit der Glitzerfolie! Besinnen wir uns aufs Wesentliche, analysieren wir des Pudels Kern und suchen wir den Dialog anstatt uns beleidigt und besorgt in den Schmollwinkel zu stellen.

Autorin: Irene L.


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