Neues
aus Zenhaus.
Unserer
Demokratie geht es schlecht. Das ist jetzt nichts Neues. Dass daran
die Nichtwähler schuld sind, ist ebenfalls nichts Neues. Weil aber
der Neuigkeitswert ein wichtiges Kriterium für eine
Zeitungsveröffentlichung ist, hat Mario Zenhäuser, Chefredakteur
der Tiroler Tageszeitung, etwas wirklich Neues herausgefunden.
Schuld
am Niedergang der Demokratie sind neben den Nichtwählern auch die
kleinen Parteien, wie etwa die Piraten.
Wie das,
fragt man sich. Wie sollten Menschen, die vermutlich nicht nur
wählen gehen, sondern auch Freizeit und oftmals auch Geld opfern, um
ihre Vorstellungen einer besseren Politik den MitbürgerInnen zu
vermitteln, der Demokratie denn schaden?
Ja,
analysiert Zenhäuser, sie nehmen den großen Parteien die Stimmen
weg, ohne selbst ein Mandat zu bekommen. Und dieser heimtückische
Stimmendiebstahl hat zur Folge, dass die Gewählten mit weniger
Stimmen gewählt werden, also weniger legitimiert sind.
Nun
werfen wir doch einmal einen Blick auf das Landtagswahlergebnis 2013
und suchen einmal die Zenhäuser'schen Bösewichter. Die Piraten
gehören sicher dazu. 1207 Stimmen haben sie schamlos den Großen
geklaut. Aber es geht noch wesentlich schlimmer.
Beim
Bürgerforum Tirol stehen doch glatt 15.326 Stimmen die, hätte sich
Herr Gurgiser dem Stricken statt der Politik gewidmet, die
Legitimität etwa der ÖVP-Abgeordneten deutlich erhöht hätten.
Komisch
ist nur, dass die TT-Analyse davon spricht, dass für ein Mandat nur
mehr 7389 Stimmen notwendig waren.
15.326
Stimmen sind doch mehr als das Doppelte davon. Trotzdem ging das
Bürgerforum leer aus.
Die Lösung ist ganz einfach. Schnäppchenmandate für 7398 - 8893 Stimmen gibt es nur für die Großen.
Die Lösung ist ganz einfach. Schnäppchenmandate für 7398 - 8893 Stimmen gibt es nur für die Großen.
Gurgiser,
aber auch die anderen Kleinen, hätten für das erste Mandat 15.842
Stimmen hinblättern müssen. Grund dafür ist die 5 Prozent
Sperrklausel. Und so gibt es das erste Mandat erst ab diesen 5
Prozent und nicht, hätten wir eine rein proportionale
Mandatsverteilung in Tirol, bei 2,78 Prozent.
Noch
krasser ist das ganze bei der Nationalratswahl. Hier gibt es eine 4
Prozent Sperrklausel. Das schaut jetzt zwar schon etwas besser aus,
ist es aber nicht. Über 183 Sitze sind im Nationalrat zu vergeben.
Wäre jede Stimme gleich viel wert, müsste das erste Mandat bereits
mit 0,55% der Stimmen zu erzielen sein.
Dass
also nicht die kleinen Parteien den Großen die Stimmen wegnehmen,
sondern die Großen, mit ihrem Wahlsystem, den Kleinen die Mandate,
hat vermutlich zu wenig Neuigkeitswert um berichtet zu werden.
Autor: Wolfgang Samsinger
Bildquellen: internet, Foto von TT Artikel
Bildquellen: internet, Foto von TT Artikel
Ich habe das Tiroler Landtagswahlrecht nicht im Kopf, aber bei der NRW berechnet sich die Wahlzahl aus den gültig abgegebenen Stimmen in den jeweiligen Landeswahlkreisen. D.h. ob Kleinparteien in das Parlament einziehen oder nicht ist für die Wahlzahl unerheblich. Entscheidend sind die gültig abgegebenen Stimmen (also auch nicht die Wahlbeteiligung, die umfasst nämlich auch die ungültigen Stimmen).
AntwortenLöschenGenau solche "Artikel" (wie der vom Zenhäuser) sind meiner Meinung nach maßgeblich dafür verantwortlich, dass viele Kleinparteien keinen Parlamentseinzug schaffen - sie versuchen den Wählern (unbegründet, bzw. vll. durch Zuwendung einer Großpartei "begründet") einzureden, dass eine Stimme für Kleinparteien wertlos ist ("weil sie den Einzug eh nicht schaffen") oder sogar der Demokratie schadet (wie hier)...
AntwortenLöschenUnfassbar dieser "Journalismus"...
Du triffst den Nagel auf den Kopf. So eine Form des Journalismus ist tendenziös und schadet der Demokratie. Vielmehr rät der Journalist hier den Wählern ab Kleinparteien zu wählen und stützt damit das etablierte System. Einen Artikel mit ähnlichem Inhalt (in derselben Zeitung) haben wir übrigens schon einmal hier im Blog erörtert: http://piratenparteitirol.blogspot.co.at/2013/01/iq-test-in-der-wahlkabine.html
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