Dienstag, 19. Februar 2013

Tiroler Demokratie, wo bist du?

Gebt mir eine Lupe - ich muß die Demokratie suchen!

Damit eine Partei zur Tiroler Landtagswahl 2013 antreten kann, muß sie tirolweit mindestens 732 Unterstützer finden, die ihren Wahlantritt befürworten. Es ist schlimm genug, daß Unterstützer im Internetzeitalter zu diesem Zwecke auf das Einwohnermeldeamt ihres Wohnortes gehen  und dort vor einem Beamten das bereits aufgefüllte Unterstützungsformular unterzeichnen müssen. Abgesehen davon, daß dies für die meisten Berufstätigen ein - vom zeitlichen Aspekt betrachtet - schier unmögliches Unterfangen ist, so ist es zudem unzumutbar, daß keinerlei Anonymität gewahrt ist. Ein Unterstützer muß seinen politischen Willen vor dem Beamten deklarieren, was gerade in kleinen Gemeinden viele Menschen davon abhält überhaupt eine Unterstützung abzugeben. Das gleicht fast schon einem Mißbrauch des Wahlgeheimnisses.

Etliche Male sagten Bekannte und Verwandte nun schon zu mir: "Ich würd ja gern, aber...
...ich will mich nicht outen."
...du weißt schon, wegen der anstehenden Baugenehmigung, da trau ich mich nicht."
...meine Tante ist bei der ÖVP und, wenn die das erfährt, dann gnademirgott."

Aber was mir erst durch den Beitrag eines Mitpiraten in unserem Forum klar wurde:
Es gibt offenbar Tiroler mit Mehrwert und Tiroler ohne Mehrwert. Eigenartig, nicht wahr?

Wieviele Unterstützungserklärungen muß man pro Bezirk sammeln? Und wieviele Einwohner haben die jeweiligen Bezirke? Hier die Details (Einwohnerzahlen vom 1.Jänner 2012)

Reutte:                 61 Unterstützer bei 31.738 Einwohnern
Innsbruck Land:   98 Unterstützer bei 167.339 Einwohnern.
Innsbruck:            77 Unterstützer bei 121.329 Einwohnern
Imst:                    79 Unterstützer bei 57.534 Einwohnern
Kitzbühel:            82 Unterstützer bei 61.966 Einwohnern
Kufstein:              86 Unterstützer bei 101.321 Einwohnern
Landeck:             90 Unterstützer bei 43.931 Einwohnern
Osttirol:               76 Unterstützer bei 49.568 Einwohnern
Schwaz:               83 Unterstützer bei 79.511 Einwohnern

Die Zahl der Unterstützungserklärungen orientiert sich offenbar an der "Wahlzahl" des jeweiligen Bezirkes bei der letzten Landtagswahl.
Dadurch ergibt sich eine komplett eigentümliche Gewichtung der Unterstützungserklärungen:
Im Bezirk Innsbruck mit 121.329 Einwohnern müssen 77 Unterstützungen gesammelt werden, im Bezirk Imst müssen bei 57.534 Einwohnern 79 Unterstützungen ergattert werden. Das ist komisch, selbst dann, wenn man einkalkuliert, daß vermutlich in Innsbruck aufgrund der vielen auswärtigen Studenten im Verhältnis (prozentual bezogen auf die Einwohnerzahl) weniger Wahlberechtigte wie im Bezirk Imst beheimatet sind...

Bei der Landtagswahl 2008 wurden auf Innsbruck 6 Mandate vergeben, auf Imst nur 3, also halb soviele wie auf die Landeshauptstadt.. Wäre es dann nicht rechnerisch auch sinnvoll, wenn in Imst nur halb soviele Unterstützungen gesammelt werden müssen wie in Innsbruck?
Wäre es nicht sinnvoller, wenn die Zahl der Unterstützungserklärungen sich an der Zahl der Einwohner orientiert, ähnlich wie die Zahl der Mandate?

Eine weitere Eigentümlichkeit der Tiroler Landtagswahlen, das ist die 5%-Klausel. Eine Partei muß 5% der Stimmen erzielen um ein Mandat zu erreichen, d.h. das wäre 1/20 der Stimmen. Etwas wunderlich, wenn man beachtet, daß der Landtag 36 Abgeordnete hat...eigentlich müßte doch 1/36 der Stimmen ausreichen um ein Mandat zu erzielen. Es scheint also, als ob das erste Mandat, das eine Partei erzielen möchte, ein schwerer erkämpftes Mandat ist als alle weiteren Mandate, die sie vielleicht erreichen kann.
Solche Sperrklauseln verstoßen in Deutschland bei Europaratswahlen übrigens gegen das Grundgesetz, in Österreich gehört das offenbar zum Demokratieverständnis der etablierten Politik dazu.

Bei der letzten Wahl gab es insgesamt  520.527 Wahlberechtigte...wenn´s um Unterstützungserklärungen geht sind sie aber offenbar nicht alle gleich viel wert. Ich frage mich, wie lange dieser undemokratische Zustand in Tirol und ganz Österreich noch haltbar ist.


Autorin: Irene Labner
Bildquelle: wikipedia

Für Unterstützer zur Info:
Der Link zum Unterstützungsformular:  http://www.piratenpartei-tirol.org/Unterstuetzungserklaerung.pdf
Bitte senden an Piraten Partei Tirol, Obexerstrasse 5a, 6080 Igls

2 Kommentare:

  1. Gegen die 5%-Klausel kannst Du als Beschwerde erheben, da Du eine direkt Betroffene bist, reines Beklagen nützt nichts. Außerdem hätte dies eine Werbewirksamkeit.
    Die Unterstützungserklärung im Orginal und in Papier senden oder reicht ein pdf ?

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  2. Im Original und in Papier bitte. (Post by Dietmar)

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