Sonntag, 3. August 2014

Vom Augenauswischen und dem Shoppingwahnsinn


In Tirol wird wieder einmal darum gestritten, wer wann verlängerte Geschäftsöffnungszeiten für die  "Shoppingnight" abhalten darf.

Der Onlinemarkt setzt den lokalen Händlern sehr zu - egal, ob Großfiliale einer Handelskette oder kleiner Einzelhandelsbetrieb, sie alle erleben derzeit dasselbe wie die kleinen Lebensmittelhändler damals beim großen Greislersterben in den 80ern und 90ern.

In den großen Kaufhäusern stehen immer mehr Geschäftsflächen leer (z.B. EKZ West,...) und in einigen Ortschaften verschwinden zusehends die Geschäfte in den Ortskernen (z.B. Schwaz,...).
Unter den Wirtschaftstreibenden bricht Panik aus, doch was nun geschieht, das ist der Versuch ein lahmendes Pferd noch einmal mit Doping und Peitsche wettbewerbsfähig zu machen.
Es wird versucht mit Shoppingnights und verlängerten Öffnungszeiten am Abend und an Wochenenden die maroden Geschäftsbetriebe zu retten.

Fakt ist allerdings: diese Versuche die Umsätze anzukurbeln, die werden auf dem Rücken der Arbeitnehmer ausgetragen. Man kann mit längeren Öffnungszeiten und Einkaufsnächten die Handelsbetriebe nicht dauerhaft retten, denn die Menschen, die bereits jetzt online einkaufen, die tun das, weil sie dem Shoppingstress und dem Schleppen schwerer Einkaufstaschen entfliehen möchten.
Und diese Menschen werden auch weiterhin online einkaufen, denn die tragen den 20-Kilo-Hundefuttersack nicht gern selbst heim, und angesichts der Tatsache, daß Onlinetempel wie Zalando oder Amazon sogar Gratisretourenservice anbieten, so werden sie auch immer öfter ihre Bekleidung online erstehen.
Man geht schlichtweg nur mehr in den Laden, wenn man auf die Schnelle irgendetwas benötigt oder sich beraten lassen möchte.

Für die Arbeitnehmer im Handel bedeuten verlängerte Öffnungszeiten jedenfalls Arbeitszeiten, die mit den Öffnungszeiten der Kinderbetreuungseinrichtungen inkompatibel sind. Ausgedehnte Öffnungszeiten sind generell nicht familienfreundlich, oder ist es erstrebenswert, dass die Eltern in der Arbeit weilen während die Kinder ihr schulfreies Wochenende haben? Meist bekommen die Arbeitnehmer auch keine Überstunden ausbezahlt - es wird von ihnen erwartet, die Abend- und Wochenendstunden auf Zeitausgleichsbasis zu leisten. Ein Arbeitnehmer soll flexibel sein wie Kaugummi.

Vielleicht sollten wir alle das im Hinterkopf behalten, wenn Politik und Wirtschaftskammer wieder einmal über eine umsatzträchtige Shoppingnacht jubilieren - die Menschen kaufen dann halt zur normalen Öffnungszeit weniger ein, denn irgendwann hat selbst ein Konsumsüchtiger den Hals mal voll.

Linktipp: http://www.tirolanders.at/tirol-lokal/shoppingnightmare/
Autorin: Irene L.

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